Mittwoch, 3. Juli 2024

Rezension "Mit zitternden Händen" von Malin Persson Giolito

In aller Kürze
Story: Zwei Freunde aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten geraten auf die schiefe Bahn und das Drama nimmt seinen Lauf.
Spannung: äußerst subtil
Charaktere: vielschichtig und realistisch
Sprecher: Timo Weisschnur liest hervorragend
Schreibstil: mitreißend

‘*‘ Meine Meinung ‘*‘
Puh, das ist mal ein Buch, das unter die Haut geht.
Billy und Dogge kennen sich seit der Kindheit miteinander befreundet, obwohl sie aus völlig unterschiedlichen Gesellschaftsschichten stammen. Die reichen Eltern von Dogge kümmern sich nicht um ihn und Billys Mutter überschüttet ihn mit Liebe. Wobei sie auch recht gutgläubig ist.
Als die beiden Jungs 10 Jahre sind, beginnt ihre Karriere in einer kriminellen Bande. Sie werden schnell erwachsen und dann nimmt das Drama seinen Lauf.
Die Geschichte verbindet die aktuellen Geschehnisse mit Rückblenden, die immer mit „Die Jungen“ betitelt wurden. So fielen nach und nach die Puzzlestücke an ihren Platz und alles ergab zum Schluss ein rundes Bild.
Dabei erfuhr ich auch viel über Figuren, die am Rande der Story involviert waren; Polizeibeamter, Ladenbesitzer, Lehrer, Eltern und Familienmitglieder. Ich fühlte den Frust und die Hilflosigkeit, wenn nicht geholfen werden konnte oder gegen Wände gelaufen wurde. Andererseits fühlte ich die Stärke, Bestätigung und Gemeinschaft, die eine kriminelle Bande oberflächlich vermittelt.
Auch die Freundschaft der beiden Jungen war nicht das, was sie auf den ersten Blick schien. Dabei spielte der gesellschaftliche Unterschied die geringste Rolle. Es ging um Manipulation und gegenseitiges Ausnutzen auf unterschiedlichen Ebenen.
Es war faszinierend, wie die Autorin die Dynamik, die jede Interaktion zwischen all den Charakteren hervorruft, darstellte. Einerseits wollte ich der Abwärtsspirale nicht folgen, aber andererseits konnte ich auch nicht aufhören und wollte genau wissen, warum es zu dem Drama kam. Und war es wirklich Dogge? Darin liegt die Spannung begründet, die mich in die Handlung sog und die mich das Hörbuch kaum pausieren ließ.
Timo Weisschnur las hervorragend. Mal hörte ich die Resignation, dann wieder die Euphorie der Jungen und nicht zu vergessen, die Hoffnung, die einige der Charaktere lange besaßen. Er hat einen großen Anteil an meinem Kopfkino und den Emotionen, die bei mir ausgelöst wurden.
Der Schreibstil ist unaufgeregt und wenn es mal derbe zur Sache ging, dann passte es zum Kontext und war keine Effekthascherei. Es ist definitiv kein Buch für Zartbesaitete.
Ein beeindruckendes Psychogramm einer Gesellschaft, die versagt hat und leider sehr aktuell ist. Klare 5 zitternde Sterne.

‘*‘ Klappentext ‘*‘
Ein Jugendlicher schießt in einem Stockholmer Vorort seinem besten Freund in den Hinterkopf. Wie konnte es dazu kommen?
Billy und Dogge sind seit Kindesbeinen eng befreundet. Dass sie aus sehr unterschiedlichen Elternhäusern kommen, hat sie nie gestört. Während Dogge meist von seinen wohlhabenden Eltern allein gelassen wurde, ist Billy, aus einer Einwandererfamilie stammend, umgeben von einer Bastion der Liebe aufgewachsen. Als kriminelle Banden Billys Wohnviertel mehr und mehr beherrschen, werden sowohl Dogge als auch Billy rekrutiert. Allzu gerne schließen sich die beiden an - angelockt durch schnelles Geld und leichten Zugang zu Drogen. Doch dann will Billy mit Hilfe seiner Mutter aussteigen ...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Danke für deinen Kommentar. Er wird sichtbar, sobald er freigeschaltet wurde.