Rezension "Clit: Die aufregende Geschichte der Klitoris" von Louisa Lorenz

In aller Kürze
[Werbung unbezahlt]
Story: Anatomie und Kulturgeschichte der Klitoris und noch vieles mehr
Spannung: wie beleuchtet Lorenz die einzelnen Punkte
Schreibstil: Mischung aus gut lesbar, ausschweifend und zäh

‘*‘ Meine Meinung ‘*‘
Als ich den Titel las, wusste ich, dass ich das Buch lesen will. Aber, ich nehme es mal vorweg, ich hatte etwas anderes erwartet.
Das „Geschichte“ im Titel, ist wirklich die Geschichte der Klitoris, der Frau und ihrer sexuellen Lust in den unterschiedlichen Epochen. Das sind ca. 100 Seiten und Geschichte hat mich schon in der Schule nicht interessiert. Also war es hier auch für mich eher langweilig. Doch es gibt bestimmt genug Leser, die sich für dieses Thema begeistern können und die kommen hier total auf ihre Kosten. Immerhin startet die Autorin in der Antike und hat ausführlich recherchiert.
Bei den Themen Anatomie und Sex war ich umso neugieriger. Auch wenn es jetzt arrogant und angeberisch klingt, ich konnte für mich keine neuen Erkenntnisse gewinnen. Aber für Menschen, die sich mit dem Thema noch nicht beschäftigt haben oder einfach neugierig sind, gibt es hier die eine oder andere Erkenntnis. Zum Beispiel die, dass man Frauen nicht auf „gebärfähig“ reduzieren sollte. Denn bei dieser Definition werden Transpersonen nicht berücksichtigt. Sie besitzen zwar keine Gebärmutter, fühlen sich aber trotzdem als Frau. Und ich bin froh, dass ich so gefestigt bin, dass ich mich trotz meiner Hysterektomie als Frau fühle. Denn ich definiere mich nicht über das Vorhandensein meiner Gebärmutter, sondern über mein Bild von mir.
Sehr häufig wird auch der feministische Aspekt hervorgehoben.
Zitat: „Dass Teile in meinem Genitalbereich nach mind. drei unterschiedlichen Männern benannt sind, finde ich nicht nur etwas befremdlich, sondern auch unpraktisch für den Alltag.“ Puh, man kann auch Themen ansprechen, auf die keiner kommt und sich in Kleinigkeiten verzetteln, statt erst mal das Gros anzupacken. Aber wenn man dran hängt, ist für mich auch okay.
Erst zum Schluss geht Lorenz darauf ein, dass ein Gespräch zwischen den Menschen, die gemeinsam Sex haben wollen, wichtig ist. Dass man dem Gegenüber erzählt, was man mag, welche Wünsche vorhanden sind und was man nicht will. Dass man offen miteinander kommuniziert und auch mal sagt: Puh, ich kann nicht mehr, wenn du aber noch den Orgasmus wünschst, dann finden wir eine Alternative. Denn Männer haben Performancedruck beim Sex und den sollte man auch ihnen nehmen. Diesen Aspekt fand ich klasse.
Überhaupt sollten wir häufiger über Sexualität sprechen. Immerhin fragen wir Freunde, wenn wir uns bei einer Sache unsicher sind oder gern weitere Informationen zu einem Thema hätten. Wir erzählen uns gegenseitig, wenn wir ein schönes Erlebnis hatten oder eine Erkenntnis gewonnen haben. Aber bei Sex sind die meisten noch mehr als schüchtern.
Zum Schluss oute ich mich mal: es stört meinen Lesefluss, wenn ich laufend „*innen“ lese. Ja, steinigt mich, aber ich denke, das Problem ist grundsätzlicher und spätestens, wenn Menschen „*innen“ sprechen, nervt es mich kolossal. Und das sage ich als Frau, die in der Ausbildung noch mit „Fräulein“ von alten Menschen angesprochen wurde.
Für mich war das Buch jetzt keine Erleuchtung, aber ich vergebe trotzdem 4 Sterne; denn es ist definitiv nötig, da noch viele Menschen nicht wirklich über die Klitoris Bescheid wissen und sie auf die kleine Perle reduzieren.

‘*‘ Klappentext ‘*‘
Die Klitoris - noch viel aufregender, als wir denken

Als Louisa Lorenz durch Zufall erfährt, dass die Klitoris nicht nur ein kleiner Lust-Knubbel ist, sondern sich weit ins Innere des Körpers erstreckt, ist sie bereits 25 Jahre alt. Und das, obwohl sie sich als moderne, aufgeklärte und emanzipierte Frau fühlt. Ihre Freund*innen, stellt sie schnell fest, sind genauso unwissend. Wie kann das sein?

Heute, einige Jahre später, ist Louisa Lorenz Klitoris-Expertin und klärt über dieses faszinierende und vollkommen unterschätzte Organ auf. Sie verrät, dass die Vorstellung vom vaginalen Orgasmus ein Mythos ist, der vor allem von Männern ins Leben gerufen wurde, welche Bedeutung die Klitoris tatsächlich für den Orgasmus hat - und welche anderen Irrtümer und Missverständnisse zu Sexualität und Anatomie bis heute bestehen.

Louisa Lorenz erzählt eine spannende Geschichte von Ignoranz, Unterdrückung und Verwirrung und zeigt, dass es höchste Zeit für mehr sexuelle Selbstbestimmung und für die Befreiung unserer Lust ist. Eine Offenbarung für alle, die Sex haben!