Samstag, 25. August 2018

Interview mit Sylvia Rieß

Welche Frage würdest du gern mal beantworten?
 
Schwierig. … Nicht, weil es keine gibt, sondern weil die, die ich stellen würde schon zu ein bisschen Zündstoff führen kann. Aber gut ich stelle sie dennoch:

Warum genau bist du nicht Vollzeit-Autor? Ideen scheinst du doch bei weitem genug zu haben. 
Zwei Gründe:
Erstens - die Ideen kamen erst mit dem Beenden meines „Stern von Erui“. Davor habe ich wirklich jedem, der es hören wollte, mit voller Überzeugung gesagt, dass ich nur diese eine Geschichte habe, die ich der Welt erzählen kann. Dass ich nicht glaube, dass mich eine andere Idee oder ein Thema nochmal so packen könnte. Mir ist bewusst, dass viele Berufsautoren Ideen entwickeln, ausarbeiten und einfach nach dem gehen, was der Markt verlangt. Aber das ist für mich nicht Schriftstellerei. Das ist Schreiben um Geld zu verdienen. Als Autor verstehe ich mich schon ein Stück weit als Künstler. Und Kunst hat für mich immer noch etwas Spontanes, Kreatives, Urwüchsiges. Eine Geschichte, die mich nicht heimsucht, mich nicht zu Tränen rührt oder mich zum Schmunzeln bringt, wie soll die denn meine Leser berühren. Und das Prinzip ‚Noch mehr vom Selben‘ war mir durch einen meiner liebsten Autoren aus der Jugendzeit bekannt. Nämlich Hohlbein. Ich habe verschlungen, was er geschrieben hat, bis zu so einem Punkt, wo sich Themen und Charaktere immer zu wiederholen schienen. Viel Bekanntes eben mit neuem Setting und anderer Zusammenstellung. Bei einer Signierstunde in Darmstadt, auf der ich ihn vermutlich nicht an einem seiner besten Tage erwischte, war er kühl und abweisend und erzählte dann auch über Notwendigkeit eben so und so viel Bücher im Jahr fertigstellen zu müssen. Ich war zwar auch vorher schon fest entschlossen Tierarzt zu werden, aber danach war ich mir sicher, dass nichts anderes infrage kommen würde, um den Spaß an meinem Schreiben nicht zu verlieren.
Ohne meine Vollzeit Kollegen gering schätzen zu wollen, doch seit meiner Veröffentlichung habe ich ein paar Beobachtungen gemacht, die mich in meiner Vorgehensweise bestärken. Zum einen weiß man nie, wie ein Buch am Markt ankommt. Man kann es auch nur bedingt beeinflussen.
Beim Stern zum Beispiel habe ich aus Unwissenheit alles falsch gemacht, was man nur marketing-technisch machen konnte. Dennoch ist es unter all meinen Büchern mein Bestseller. Der folgende Axolotlkönig ist eher ein kleiner Geheimtipp, obwohl ich viel mehr Zeit und Aufwand hinein investiert habe, das Buch am Markt ‚ankommen‘ zu lassen.
Zum anderen bekommt man doch relativ wenig Feedback. Und Leserfeedback, das wird einem schmerzlich bewusst, ist alles, was man als Autor hat. Zumindest anfangs, denn verdienen tut man laut Statistiken als Vollzeit-Autor erst nach sieben Jahren. Würde ich mich also den ganzen Tag nur mit Büchern, Schreiben, Marketing-Kampagnen, Leserunden, Facebook, Twitter, Instagram befassen müssen, ich würde schlicht durchdrehen.
Und dann denke ich auch, wenn ich etwas Relevantes schreiben will, dann muss ich doch das Leben und die Leute kennen. Und wie sollte ich, wenn ich alles durch den Blick aus dem Fenster eines Elfenbeinturmes wahrnehme. (Ja, ich wage zu behaupten, dass es nicht ausbleibt, wenn man sich nur in Kreisen mit ‚Buchmenschen‘ bewegt.)

Zweitens habe ich Autor natürlich als Nebenberuf gewählt, weil ich schon immer Tierarzt werden wollte. Also immer schon beides. Ich konnte mich nicht entscheiden. Und wie oben schon erwähnt, wenn mich der eine Job nervt und ich keine Lust mehr habe, dann kann ich mich prima in den anderen stürzen. Klingt stressig? Ist es manchmal auch. Aber ich liebe es und mit der Zeit stellt sich immer mehr Balance zwischen beidem ein.